Konversionskasse
1933-1975

Konversionskasse für deutsche Auslandsschulden
(1933-1975)



Deutschland erlebte seine größte Depression im Verlauf der 1929 entstandenen Weltwirtschaftskrise. 1933 wurde der Transfer der deutschen Auslandsschulden per Reichsgesetz unter Aufsicht der Reichsbank gestellt. Alle Zins- und Tilgungsbeträge auf ausländische Vermögensanlagen in Deutschland mussten über die »Konversionskasse für deutsche Auslandsschulden« abgewickelt werden. Der folgende Beitrag informiert über die wirtschaftsgeschichtlichen Hintergründe ...



Geschichte

Deutschland hatte sich nach dem Ersten Weltkrieg gegenüber dem Ausland hoch verschuldet. Dies war eine Folge der Reparationen, der Inflation und der Weltwirtschaftskrise. Ständiger Devisenmangel bei der Bedienung der Auslandsschuld führte 1931 zur Wiedereinführung der Devisenbewirtschaftung. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde die Devisenbewirtschaftung ab 1933 durch ein Transfer-Moratorium weiter verschärft. Durch zusätzliche Devisenkontrollen und die Einschränkung der Unabhängigkeit der Reichsbank gelang es den Machthabern des "Dritten Reiches", den Kurs der "Binnenwährung Reichsmark" gegenüber Fremdwährungen bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges in seiner amtlichen Notierung stabil zu halten und so den Schein einer wertbeständigen Währung zu wahren. Dies war eine der wesentlichen Voraussetzungen zur praktizierten "geräuschlosen" Finanzierung der deutschen Aufrüstung.

Mit dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise in den Vereinigten Staaten von Amerika im Spätherbst 1929 und dem anschließenden Zusammenbruch des Weltwährungssystems versiegte der Strom amerikanischen Kapitals nach Europa. Die anschließende Wirtschaftsdepression in den Vereinigten Staaten griff rasch auf die europäischen Industrienationen über und sollte sich besonders verhängnisvoll in Deutschland und Österreich auswirken. Die Depression beendete eine mit der Einführung der Rentenmark 1924 begonnene Blüte der deutschen Wirtschaft.

In Deutschland führte die Weitwirtschaftskrise zum Verfall der Börsenkurse und damit zu einem Wertschwund der Kreditsicherheiten. Die daraufhin erfolgten umfangreichen Kreditkündigungen, insbesondere amerikanischer Gläubiger, führten zu einem massiven Abzug kurzfristiger Auslandsgelder aus Deutschland. Der Kapitalentzug traf die deutsche Wirtschaft in labiler Lage, da der Ausgleich der deutschen Zahlungsbilanz seit 1924 nicht durch Ausfuhroberschüsse erwirtschaftet, sondern fast ausschließlich durch das Einströmen von neuen kurz- und langfristigen Auslandskrediten erfolgt war.

Die kurzfristigen Auslandskredite waren in der Hoffnung aufgenommen worden, sie jeweils bei Fälligkeit verlängert zu bekommen oder durch andere Schulden ersetzen zu können. Hinzu kam, dass das von 1924 bis 1929 nach Deutschland eingeströmte Auslandskapital überwiegend in unproduktiven Investitionen, z. B. im Wohnungsbau, angelegt wurde.

Hjalmar Schacht*, zu dieser Zeit Reichsbank-Präsident, schätzte die kurzfristige Auslandsverschuldung im September 1930 noch auf rund 11,3 Mrd. Reichsmark und die langfristige Verschuldung auf 9,3 Mrd. Reichsmark. Bereits Ende 1930 hatten die deutschen Auslandsschulden einen Stand von rund 25 Mrd. Reichsmark erreicht, davon waren rund 15 Mrd. Reichsmark kurzfristige Kredite. Die Währungsreserven der Reichsbank betrugen dagegen zu diesem Zeitpunkt nur 2,7 Mrd. Reichsmark

.

1931: Bankenkrise und Devisenkontrolle

Der endgültige Zusammenbruch der Goldwährung, der Rückgang der Ausfuhr, die Abwertung einzelner Währungen und die Bankenkrise 1931 im Gefolge des Zusammenbruchs der Darmstädter und Nationalbank (Danatbank) stellte die Reichsbank beim Transfer der deutschen Auslandsschuld zunehmend vor äußerst schwierige Probleme. Die drohende Erschöpfung der Gold- und Devisenreserven zwang Reichsbank und Reichsregierung 1931 zur Wiedereinführung der erst 1927 aufgehobenen Devisenbewirtschaftung.

Die Devisenzwangswirtschaft bewirkte, dass die Reichsmark durch Einbüssung der freien Konvertierbarkeit zu einer reinen »Binnenwährung« wurde. In den Folgejahren entstand eine umfängliche Devisenbürokratie mit zahlreichen, unübersichtlichen Devisengesetzen und -vorschriften.

1933: Stillhalteabkommen

Ausgelöst durch die historisch neue Erfahrung von Massenarbeitslosigkeit und die Veränderung der politischen Machtverhältnisse in Deutschland (Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933), wurde das System der Devisenkontrollen ab Juni 1933 durch ein Transfer-Moratorium** in Form eines Stillhalteabkommens weiter verschärft.

Das Stillhalteabkommen zwang die ausländischen Banken, ihre Kredite an deutsche Banken und Industrieschuldner aufrechtzuerhalten.

Das Moratorium wurde über die »Konversionskasse für deutsche Auslandsschulden« abgewickelt. Die »Konversionskasse«*** wurde als Körperschaft des öffentlichen Rechts in Berlin unter Aufsicht der Reichsbank errichtet. Nach Maßgabe des »Gesetzes über Zahlungsverbindlichkelten gegenüber dem Ausland vom 9. Juni 1933« hatten die inländischen Schuldner die Zinserträgnis- und Tilgungsbeträge von Forderungen ausländischer Gläubiger nicht mehr direkt an die ausländischen Zahlstellen zu zahlen, sondern, zum amtlichen Kurs, umgerechnet in Reichsmark, an die Konversionskasse.

Dadurch ging die Zahlungsverpflichtung rechtlich vom Schuldner auf die Konversionskasse über. Die Reichsregierung hatte damit die Gewährleistung der Zahlungsverpflichtung übernommen. Die Konversionskasse ihrerseits befriedigte die Zins- und Tilgungsansprüche der ausländischen Gläubiger durch Bartransfer von Teilbeträgen.

1933 wurde zunächst nur die Hälfte der zu zahlenden Zinsen bar transferiert; der Transfer von Tilgungsbeträgen wurde ganz eingestellt, die Reichsanleihen (Dawes- und Younganleihe) jedoch vorerst weiterhin voll bedient. Für die nicht zum Bartransfer zugelassenen Teile wurden die Gläubiger durch Ausgabe von Schuldscheinen bzw. Schuldverschreibungen der Konversionskasse abgefunden. In den Jahren 1933/1934 wurden unverzinsliche, auf Reichsmark lautende Schuldscheine (sogenannte »Scrips«) an die ausländischen Gläubiger ausgegeben.

Um den Besitzern der Scrips eine Verwertung zu bieten und gleichzeitig die deutsche Ausfuhr in Länder mit entwerteter Währung zu fördern, wurden die Schuldscheine der Konversionskasse mit einem erheblichen Disagio von 30 bis 40 Prozent von der Deutschen Golddiskontbank, einer Tochtergesellschaft der Reichsbank, aufgekauft. Die Golddiskontbank gab die Scrips an deutsche Exporteure weiter, die sie zum höheren Nennwert bei ihren Schuldnern einlösten. Dies verminderte einen damals bestehenden, währungsbedingten Preisnachteil im Exportgeschäft.


1934: Die Transferkonferenz

Dieses Verfahren endete 1934, als die Reichsbank selbst genehmigte Devisenzuteilungen nicht mehr ausführen konnte, da ihr Gold- und Devisenbestand von 2,98 Mrd. Reichsmark (1930) auf 223 Mill. Reichsmark gesunken war. Notgedrungen verkündete die Reichsbank im gleichen Jahr ein völliges Transfer-Moratorium (Transferkonferenz im Mai 1934), d. h., für die Bedienung von mittel- und langfristigen Anleihen konnten von der Reichsbank keine Devisenbeträge mehr zur Verfügung gestellt werden.

Darüber hinaus wurden die Zinsansprüche der Auslandsgläubiger »fundiert«. Zur Fundierung wurden von 1935 bis 1944 zum größten Teil auf ausländische Währung lautende 3- und 4prozentige Schuldverschreibungen (sogenannte Fundierungsbonds) ausgegeben; nur ein kleiner Teil davon lautete auf Reichsmark. Später wurden seitens der Reichsbank in Stillhalteabkommen zusätzliche Abmachungen mit den einzelnen ausländischen Gläubigern getroffen, die seinerzeit durchaus Verständnis für die prekäre Devisenlage des Deutschen Reiches aufbrachten.

Nach den am 8. Juli 1935 erlassenen Vorschriften über die Verwendung der bei der Konversionskasse eingezahlten Tilgungsbeträge kaufte die Konversionskasse die für Tilgungszwecke gebrauchten Auslandsbonds gegen RM-Zahlung von der Deutschen Golddiskontbank. Die Golddiskontbank erwarb von 1935 bis 1939 zu diesem Zweck mittels zugeteilter Devisen die durch die eingeschränkten Zins- und Kapitalrückzahlungen stark im Kurs gefallenen deutschen Auslandsanleihen preisgünstig an den ausländischen Börsen. Die dabei erzielten Kursgewinne wurden zur Förderung der deutschen Ausfuhr verwendet.

1939: Der Zweite Weltkrieg

Hatte die deutsche Auslandsverschuldung 1930 noch rund 21 Mrd. Reichsmark betragen, so reduzierten die Pfund- und Dollarabwertungen von 1931 und 1934, die Tilgungen in Devisen bis 1933 und die danach erfolgten Tilgungen in Reichsmark sowie die von 1935 bis 1939 erfolgten Käufe von notleidenden Auslandsanleihen durch die Deutsche Golddiskontbank die deutschen Auslandsschulden in beachtlichem Umfang. So wurde der Stand der Auslandsschulden 1939, bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, auf 9,4 Mrd. Reichsmark geschätzt, wovon etwa eine Mrd. Reichsmark unter die Stillhaltung fiel.

1941 traten die USA in den Weltkrieg ein. Die fälligen Zinsen der Fundierungsbonds wurden während des Krieges nur noch an Gläubiger in neutralen Staaten gezahlt. Bei Kriegsende wurde der Auslandsschuldendienst völlig eingestellt. Vielfach hatten deutsche Schuldner ihre Verbindlichkeiten gegenüber der Konversionskasse erfüllt, diese war aber nicht in der Lage gewesen, im gleichen Ausmaß die ausländischen Gläubiger zu befriedigen. 1945 kapitulierte das Deutsche Reich.

Zusammengefasst kann rückblickend festgestellt werden, dass es den Machthabern des »Dritten Reiches« mit Hilfe der Devisenbewirtschaftung, des Transfer-Moratoriums und der Einschränkung der Unabhängigkeit der Reichsbank gelang, den Kurs der »Binnenwährung Reichsmark« bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges in seiner amtlichen Notierung stabil zu hatten und so den Schein einer wertbeständigen Währung zu wahren. Dies war eine der notwendigen Voraussetzungen der erfolgreich praktizierten »geräuschlosen« Finanzierung der deutschen Aufrüstung.

1953: Londoner Schuldenabkommen

Nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich die Bundesrepublik Deutschland im Londoner Schuldenabkommen von 1953 zur Verzinsung und Tilgung aller Schuldtitel der Konversionskasse verpflichtet. Den von der Konversionskasse vereinnahmten Zins- und Tilgungszahlungen, die nicht an die Auslandsgläubiger transferiert werden konnten, wurde keine schuldbefreiende Wirkung zugeschrieben. Diese Schulden lebten neu auf. Die Bundesrepublik Deutschland hat jedoch die deutschen Schuldner durch Entschädigung davor bewahrt, dass sie doppelt zu zahlen hatten.

Für alle Emissionen der Konversionskasse hat die Bundesrepublik Deutschland von 1953 bis 1958 in Deutschland, in den Vereinigten Staaten von Amerika, in Schweden, in Großbritannien, in der Schweiz und in Holland Regelungsangebote gemacht. Die Ablösung der verbrieften Schuld (Schuldscheine, Schuldverschreibungen, Teilgutscheine, Separat-Zinsscheine) der Konversionskasse erfolgte - soweit nicht eine Barrückzahlung vorgesehen war durch Umtausch in einheitliche »Konversions- und Fundierungsschuldverschreibungen« zu den folgenden Bedingungen:

  • Verzinsung ab 31. März 1953 zum ursprünglichen Zinssatz,
     
  • Tilgung, beginnend fünf Jahre später, mit 2 Prozent jährlich,
     
  • Hinausschiebung der Fälligkeit um 17 Jahre.

Zwei Drittel der Zinsrückstände vor dem 1. Januar 1953 wurden gestrichen, der Rest wurde zum Kapital geschlagen. Die RM-Schuldverschreibungen wurden in Verhältnis 10:1 in Deutsche Mark umgestellt. Bar abgelöst wurden: Teile der 3-Prozent-£-Schuldverschreibungen, 3-Prozent-Ffrs-Schuldverschreibungen, Teile der 3-Prozent-Sfrs-Schuldverschreibungen, Teile der 3-Prozent-Hfl-Schuldverschreibungen und RM-Schuldscheine (Scrips).

Die restlichen Schuldtitel der Konversionskasse für deutsche Auslandsschulden wurden ab 1953 in 3- oder 4prozentige Konversions- und Fundierungsschuldverschreibungen der Bundesrepublik Deutschland umgetauscht (insgesamt 41 verschiedene Wertschriften aus 13 Emissionen der Währungen Pfund Sterling, Holländische Gulden, Schwedische Kronen, Schweizer Franken, US-Dollar und Deutsche Mark).

Nach Zahlung aller Verpflichtungen der Konversionskasse für deutsche Auslandsschulden durch die Bundesrepublik Deutschland (rund 172 Mill. DM) wurde die Konversionskasse nach dem Gesetz zum Abschluss der Währungsumstellung vom 17. Dezember 1975 aufgelöst.


Fussnoten

    * Horace Greely Hjalmar Schacht (1877-1970) erwarb sich 1923 als Reichswährungskommissar besondere Verdienste um die Stabilisierung der deutschen Währung. Als Reichsbankpräsident (1924-1930) setzt er sich für eine Eindämmung der Kreditaufnahme durch die öffentliche Hand im Ausland ein. Im »Dritten Reich. von 1933 bis 1939 erneut Reichsbankpräsident, von 19U bis 1937 zugleich Wirtschaftsminister. In seiner zweiten Amtszeit als Reichsbankpräsident hatte Schacht die Aufgabe, die Arbeitsbeschaffungsprogramme und die Aufrüstung zu finanzieren.

    ** Die einseitig verfügte Einstellung des Transfers von Zins- und Kapitalrückzahlungen durch Devisengesetzgebung oder besondere Gesetze des Schuldnerlandes wird Transfer-Moratorium genannt.

    *** Die vom Schuldnerland gesetzlich verfügte Umwandlung von Anleihen in neue Anleihen mit meist niedrigerem Zinsfuß oder anderen Tilgungsbedingungen wird Konversion genannt.


Literatur

  • Saling: Der Rentenführer, Handbuch der festverzinslichen Werte, Berlin 1940/41 und 1941/42.
  • Der Rentenführer, Handbuch der festverzinslichen Werte, Sonderausgabe, Darmstadt 1959.
  • Deutsche Bundesbank: Währung und Wirtschaft in Deutschland 1976 - 1975, Frankfurt/Main 1976.
  • Deutsche Bankengeschichte, Band 3, Frankfurt/Main 1983.
  • Rittmann, Herbert: Deutsche Geldgeschichte seit 1914, München 1986.
  • Thiede, Heinz-Wilhelm: Arbeitskreis Geldscheine und Wertpapiere im Kulturbund der DDR, Annalen 1989, »Die Konversionskasse für deutsche Auslandsschulden«, Berlin 1989.

Die Schuldtitel der Konversionskasse für deutsche Auslandsschulden 1933-1945, Finanzgeschichte und Katalog, ISBN: 978-3-86646-801-6 ... zu beziehen beim

Die von 1933 bis 1945 ausgegebenen Schuldtitel der Konversionskasse für deutsche Auslandsschulden sind besondere Relikte der deutschen Finanzgeschichte. Die Schuldtitel dokumentieren die zunehmende Zahlungsunfähigkeit des Deutschen Reichs bei den Auslandsschulden ab 1933 sowie das deutsche Transfermoratorium und die wiedererlangte internationale Kreditfähigkeit der jungen Bundesrepublik nach Übernahme der Schulden der Konversionskasse ab 1953. Das Buch beschreibt finanzhistorisch die Emission der Schuldtitel der Konversionskasse im Dritten Reich sowie die Regelung dieser Auslandsschulden in der Bundesrepublik. In einem Katalogteil werden die ausgegebenen Schuldtitel (Schuldscheine, Schuldverschreibungen, Teilgutscheine und Separat-Zinsscheine) – soweit verfügbar – mit Abbildungen dokumentiert und als Sammelgebiet systematisch erschlossen. Das Werk wendet sich an den Sammler alter Wertpapiere, egal ob Anfänger oder Fortgeschrittene, sowie an jeden, der sich für die Hintergründe dieses Teils der deutschen Finanzgeschichte interessiert.